Überraschung in der polnischen Provinz: Schwuler Bürgermeisterkandidat in der Stichwahl
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urprise in the Polish Provinces: Gay Candidate for mayor in Runoff Racewww.spiegel.de/politik/ausland/polen-robert-biedron-in-slupsk-bei-buergermeisterwahl-in-stichwahl-a-1003480.htmlHardly anyone gave Robert Biedron in Slupsk chance, however now the openly gay politician is in a runoff election for Mayor of Slupsk. That is a surprise in conservative Poland.Kaum einer gab Robert Biedron in Slupsk eine Chance, jetzt hat es der offen homosexuelle Politiker bei der Bürgermeisterwahl in die Stichwahl geschafft. Eine Überraschung im konservativen Polen.
498 Stimmen machten am Ende den Unterschied aus: Robert Biedron hat den Kandidaten der nationalkonservativen Partei PiS bei der Bürgermeisterwahl in Slupsk (Stolp) auf Platz drei verwiesen, wie die Wahlkommission der nordpolnischen Stadt am Montagabend mitteilte. Biedron erhielt demnach 5972, der Wettbewerber 5474 Stimmen.
Biedron hat es damit in die zweite Runde geschafft, die Stichwahl wird notwendig, wenn keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit erreicht hat. Ein großer Erfolg für den offen schwulen Politiker und eine kleine Revolution in dem immer noch sehr konservativen Nachbarland.
In polnischen Medien ist schon die Rede vom "Phänomen Robert Biedron". Der Politiker sitzt bereits im Parlament. Als er 2011 als erster bekennender Schwuler für die linksliberale Partei Twoj Ruch (Deine Bewegung) in den Sejm einzog, war das ein wichtiger Schritt. Biedron gehörte 2001 zu den Gründern der Kampagne gegen Homophobie in Polen, seitdem kämpft er für die Rechte der Homosexuellen.
Beschimpfungen im Wahlkampf
In der 100.000-Einwohnerstadt Slupskmusste sich der selbstbewusste Politiker im Wahlkampf einiges anhören: Im Stadion des örtlichen Fußballvereins Gryf Slupsk bepöbelten ihn Hooligans als "Schwuchtel"; immer wieder sagten ihm Bürger: "Wir wollen jemanden, der von hier kommt - nicht aus Warschau." Dabei hat Biedron auch ein Abgeordnetenbüro in Slupsk.
Süffisant kommentierte die Zeitschrift der Stiftung Replika (Erwiderung) den Erfolg von Biedron auf ihrer Facebook-Seite: "Ein Kandidat, der von außerhalb von Slupsk kommt und schwul ist - das sollte seine Chancen eigentlich mindern." Und ergänzte den Post mit einem Smiley.
Anders als seine Mitbewerber mussten Biedron und seine Liste Nareszcie Zmiana (Endlich Wechsel) auf Plakate verzichten - aus Geldgründen, wie Biedron sagte. Das Budget für den Wahlkampf betrug nach seinen Angaben nur rund 20.000 Zlotych (rund 4700 Euro).
Ende November Stichwahl
Biedron glaubt, dass Slupsk für einen schwulen Bürgermeister bereit ist. Das Ergebnis sei gut, aber es könne noch besser werden in zwei Wochen bei der Stichwahl, kommentierte er seinen Erfolg bei TVN24. Auf seiner Facebook-Seite gratulierten ihm Hunderte Anhänger. Allerdings gab es in Foren von polnischen Medien auch hässliche Kommentare wie "Slupsk ist seit heute für mich eine Stadt von Leuten ohne Ehre."
Biedron führt seinen Erfolg auch darauf zurück, dass die Bürger in Slupsk genug hatten von dem "ständigen polnisch-polnischen Krieg" der Parteien PiS und der liberalkonservativen PO. Letztere schloss bei den Kommunalwahlen landesweit schlechter als erwartet ab: Die PiS holte die meisten Stimmen.
Von deren Anhängern dürfte es nun auch in Slupsk abhängen, wer der neue Bürgermeister der Stadt wird. Am 30. November stimmen die Wähler dort über ihr neues Stadtoberhaupt ab: Entweder wird es Biedron oder der Kandidat von der PO, der mit 8541 in der ersten Runde die meisten Stimmen auf sich vereinte. Es ist kaum anzunehmen, dass der unterlegene nationalkonservative PiS-Vertreter nun seinen Konkurrenten Biedron unterstützen wird.